Leseprobe - Erzherzogin Sophie, Mutter von Kaiser Franz Joseph, Buch

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Leseprobe

In freudiger Erwartung

Sophie und mit ihr der ganze Hof warteten schon seit Jahren auf Nachwuchs - eine enorme psychische Belastung für die junge Frau. Sie erlitt zwischen 1825 und 1829 nachweislich drei Fehlgeburten. Wie verzweifelt muss sie gewesen sein! Die Künste der Ärzte waren mehr als fragwürdig. Man verabreichte damals gegen die "Blutungen nach dem Abortus" die Haller`sche Säure, die in den medizinischen Jahrbüchern dieser Zeit angepriesen wurde. Darüber hinaus wurden große, in Essigwasser getränkte Schwämme verwendet, um Blutungen zu stoppen. Mehr konnte man für Sophie nicht tun, den Grund für ihre Fehlgeburten kannte man nicht. Die Ärzte sprachen von "zu großer Vollblütigkeit und örtlicher Schwäche".
Natürlich kam niemand auf die Idee, ihr nach einer Fehlgeburt ein wenig Schonung zu gönnen und Franz Karl vom ehelichen Bett fernzuhalten, nicht einmal Sophie selbst, denn sie wollte ja unbedingt ein Kind haben. Körperlich scheint sie diese Fehlgeburten halbwegs gut verkraftet zu haben, um ihren seelischen Zustand machte sich niemand Gedanken. Man ließ eine Frau ihr Versagen damals noch deutlich spüren, Mitleid durfte sie nicht erwarten.
Wie sehr Sophie litt, zeigt ein Brief an ihre Mutter vom November 1829: "Ich hatte diese Nacht einen schönen Traum. Ich habe geträumt, dass ich eine kleine Tochter habe. Innerhalb einer kurzen Zeit ist es das zweite Mal, dass ein solcher Traum meine Fantasie beansprucht. Aber das erste Mal war es ein kleiner Junge, und am Ende war ich sehr traurig, weil es nur ein Traum war. Möge es Gott gefallen, dass es bald Wirklichkeit wird!"

Büste Sophie

Nach der zweiten Fehlgeburt schickten ihre Ärzte Sophie zur Kur nach Bad Pirawarth im Weinviertel. Heute kann man den kleinen Ort mit dem Auto von Wien aus bequem in rund 45 Minuten erreichen, aber damals dauerte die Reise lang. Am 22. August 1827 kam sie an und wurde feierlich empfangen: „Es wurde an der Gränze des Ortes von der Gemeinde ein grün bezweigter Bogen errichtet, und alldort ein Chor mit Trompeten und Pauken aufgestellt. Von hier war der Weg zu beyden Seiten mit grünen Eichenzweigen bis zum Badehause ausgeschmückt, allwo abermahls ein Bogen aus grünen Zweigen errichtet war. Im Badehause war die Schuljugend aufgestellt, und mehrere zierlich gekleidete, mit Blumen-Guirlanden geschmückte Mädchen streuten beim Aussteigen Ihrer kaiserlichen Hoheit aus dem Wagen Blumen, bis zu der nach Ihrer Wohnung führenden Treppe, allwo Höchstdieselbe von dem Herrn Dechant und Pfarrer des Ortes, dem k.k. Disctrictsarzte zu Gaunersdorf, dem Amtmanne zu Prinzendorf und dem Bade-Inhaber ehrerbietigst empfangen wurde, welche auch bald darauf die hohe Ehre genossen, Ihrer kaiserlichen Majestät vorgestellt zu werden."
Wie üblich bei so hohem Besuche, wurden zahlreiche Böllerschüsse abgegeben, damit auch jeder von der Ehre wusste. Mit Sicherheit kannten alle Einwohner den Grund für Sophies Aufenthalt, was diesen für sie nicht gerade angenehmer machte. Sie langweilte sich entsetzlich, denn viel zu bieten hatte der Ort nicht. Sie vertrieb sich die Zeit mit Ausflügen in die Umgebung und freute sich herzlich über einen Besuch Franz Karls Ende August. Auch ihre Schwester Marie kam Mitte September, um ihr die Zeit zu verkürzen.
Welchen Behandlungen sie in Pirawarth unterzogen wurde, lässt sich schwer sagen. Heute ist der Ort bekannt für die Neurorehabilitation, aber darum ging es bei Sophie ja nicht. Angepriesen wurde „Heilbad Pyrawarth" zu ihrer Zeit für seine Heilquellen, deren Wasser unter anderem Kohlensäure, Schwefelsäure, Salzsäure sowie Natrium und Magnesium enthält. Es sollte „allgemein stärkend, Leben anregend und erschlafften Organen neue Spanngraft gebend" sein und darüber hinaus bei „allgemeiner Schwäche der Muskel- und Nervenkraft, Hysterie, Hypochondrie und erschlafften Systemen der Haut, Rheumatismen, Schwäche des Magens und der Verdauung, Blähungen, Diarrhoe und Beschwerden des Harnsystems, Schwäche des Blutes und anderer Säfte und ganz besonders der Englischen und Scrophelkrankheit der Kinder" helfen. Ein Universalmittel also. Wichtiger war aber eine weitere Wirkung des Pirawarther Wassers: Es half bei den „dem schönen Geschlechte eigenen Krankheiten der Schwäche." Im „Allgemeinen Intelligenzblatt zur Österreichisch-Kaiserlichen privilegierten Wiener-Zeitung" vom Mai 1826 erschien eine „Badeanzeige" zu diesen „eigenen Krankheiten" und wie das Wasser dagegen wirkte: „Die Perioden wie immer von ihrer Gesundheitsnorm abweichend, kranke Ausflüsse, die Bleichsucht und die in Mangel innerer Vitalität gesetzte Unfruchtbarkeit, haben schon in ungezählten Fällen ihr siegendes Heilmittel in Pyrawarth gefunden." Sicherheitshalber wird in der Anzeige aber auch die Wirkung auf die „genannten und nichtgenannten Krankheiten der Schwäche" bei Männern angepriesen.
Sophie blieb ganze zwei Monate in Pirawarth und kehrte erst im Oktober nach Wien zurück. An ihren Aufenthalt im dem Kurort erinnern dort bis heute eine Büste und der Name Sophienquelle. Genützt hat ihr das Heilwasser aber nicht, denn auch ihre nächste Schwangerschaft endete frühzeitig.
Also musste ein neuer Kurort gefunden werden, und die Wahl fiel diesmal auf Bad Ischl im Salzkammergut. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte man hier die Salzquellen wieder entdeckt, deren Heilkraft schon im 15. Jahrhundert bekannt gewesen war. Erzherzog Ludwig verbrachte ab 1804 jeden Sommer in Bad Ischl. Ein junger Arzt namens Josef Götz analysierte das Wasser und veröffentlichte ein Gutachten, das wiederum durch einen der Leibärzte des Kaisers, Professor Franz de Paula von Wirer (1771-1844), am Wiener Hof bekannt wurde. Bad Ischl hatte einen guten Ruf für seine Sole- und Schwefelquellen, und auch Erzherzog Rudolf unterzog sich dort regelmäßig Kuren.
1827 wurde Sophie erstmals nach Bad Ischl geschickt, eine lange Reise von mehreren Tagen: Da es die Schiffsverbindung Wien-Linz erst ab 1837 geben sollte, musste Sophie per Kutsche bis nach Gmunden fahren, von dort weiter per Schiff nach Ebensee und dann wieder per Kutsche über schlechte Straßen bis Bad Ischl. Obwohl die erste Kur noch nicht erfolgreich war, reiste Sophie auch in den folgenden Jahren nach Bad Ischl und unterzog sich verschiedenen Behandlungen. Immerhin war der Ort im Vergleich zu Pirawarth ein aufblühender Kurort, was nicht zuletzt der regelmäßigen Anwesenheit der Habsburger zu verdanken war. Nobelhotels wurden errichtet, die Infrastruktur einem internationalen Badeort entsprechend ausgebaut, und Prominente wie Metternich pachteten Villen, um die Sommerfrische im eigenen Heim genießen zu können. Ischl konnte seinen Gästen ein gewisses Maß an Unterhaltungsmöglichkeiten bieten, denn es gab ein Theater, Kaffeehäuser und ein Casino. Für die Bequemlichkeit der Kurgäste sorgte ein „Tragsesseldienst", der die Kranken für „Luftbäder" auf die Berge der Umgebung schleppte. Für Sophies Aufenthalte mietete man anfangs verschiedene Quartiere, später wurde das Haus des Bürgermeisters Wilhelm Seeauer, das heutige Stadtmuseum, ihre ständige Unterkunft. Sophie bekam Solebäder, Schwefelbäder und Schlammbäder verordnet, und dazu noch Molke-Trinkkuren.

Auch 1829 weilte Sophie in Ischl, und Ende des Jahres war sie wieder guter Hoffnung. Am 9. Jänner 1830 schreibt sie ihrer Mutter: „Ich habe die beste Nachricht, die ich Ihnen geben könnte, meine gute Mamina. Wir haben keinen Zweifel, dass ich seit zwei Monaten schwanger bin, dass die böse Zeit überstanden ist. Am Anfang hatte ich viele Beschwerden, jetzt sind sie nicht mehr so stark. Die Kur des letzten Sommers hat mich gestärkt, nun hoffe ich, dass wir wohlbehalten unser Ziel erreichen." Sie wünschte sich inständig, dass ihre Mutter zur Niederkunft nach Wien käme, „meinem guten Franz liegt es auch so sehr am Herzen, dass Du kommst."
Zwei Wochen später teilte Sophie ihr den von ihr selbst errechneten Geburtstermin mit, nämlich den 16. August. Ihre Hebamme Katharina Schmalzl meinte zwar, dass die Geburt schon Ende Juli erfolgen würde, aber Sophie vertraute ihrem eigenen Urteil mehr, „so unerfahren ich sonst damit bin".

Bild: Büste von Sophie in Bad Pirawarth

 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü